Härtere Zeiten stehen Steuerberatern bevor: Ein neues Gesetz verpflichtet sie künftig, alle legalen Modelle zum Steuersparen direkt dem Finanzamt zu melden.
Der Staat schränkt die Kreise von Steuertricksern immer weiter ein. Nach Privatpersonen, Unternehmen und Briefkastenfirmen nimmt der Fiskus nun Steuerberater stärker in die Pflicht: Künftig müssen sie alle Steuergestaltungsmodelle, die sie an ihre Kunden verkaufen, direkt dem Finanzamt melden. Dies sieht der Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums zu Anzeigepflichten für Steuergestaltungen vor, der derzeit den Fachverbänden zur Stellungnahme vorliegt.
Das Gesetz verpflichtet Steuerberater und Rechtsanwälte, künftig „als relevant eingestufte grenzüberschreitende und innerstaatliche Steuergestaltungen den Finanzbehörden mitzuteilen“. Als Ziel nennt es, „Steuervermeidungspraktiken und Gewinnverlagerung zeitnah zu identifizieren und zu verringern“ und so die „Erosion“ von Steuereinnahmen zu verhindern.
Steuergestaltungen würden „immer ausgefeilter“, heißt es im Gesetzentwurf weiter. Deshalb sei es für die deutschen Steuerbehörden von „entscheidender Bedeutung, umfassende Informationen über vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Steuergestaltungen zu erhalten“.
Dadurch erhofft sich der Gesetzgeber, Steuerschlupflöcher deutlich schneller schließen zu können als bisher. In der Vergangenheit vergingen häufig viele Jahre, bis es dem Staat gelang, legale Steuertricks einzudämmen.
Umsetzung von Unionsrecht
Nach der im vergangenen Jahr verabschiedeten EU-Richtlinie 2018/822/EU ist Deutschland dazu verpflichtet, bis Ende 2019 eine Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen einzuführen.
Die sog. DAC-6-Richtlinie 2018/822/EU zur Einführung einer Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen wurde am 5.6.2018 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und trat am 25.6.2018 in Kraft. Der deutsche Gesetzgeber ist verpflichtet, sie bis spätestens 31.12.2019 in nationales Recht umzusetzen.
Die EU-Richtlinie verbindet mit der Meldepflicht einen automatischen Informationsaustauschs über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen. Dahinter steckt unter anderem der Gedanke, Schlupflöcher beim Informationsaustausch von Kontodaten zu schliessen. Die Erwägungsgründe der Richtlinie nennen ausdrücklich die Bekämpfung von Gestaltungen zu beginnen, die dazu dienen, die Meldung im Rahmen des gemeinsamen Meldestandards (Common Reporting Standard, CRS) zu umgehen, oder die darauf abzielen, wirtschaftlichen Eigentümern den Schutz durch nicht transparente Strukturen zu gewähren. Die Meldung potenziell aggressiver grenzüberschreitender Steuerplanungsgestaltungen kann die Bemühungen zur Schaffung einer gerechten Besteuerung im Binnenmarkt nachhaltig unterstützen, heisst es dort weiter.
Die Mitgliedstaaten haben die EU-Richtlinie ab dem 1.7.2020 anzuwenden.
Entwurf sieht auch Meldepflicht für rein nationale Gestaltungen vor
Der vorliegende Gesetzentwurf geht aber noch darüber hinaus und sieht eine solche Meldepflicht auch für rein nationale Gestaltungen vor. Für grenzüberschreitende Gestaltungen sollen künftig der sogenannte „Intermediär“ (z. B. Steuerberater, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer) sowie der Steuerpflichtige selbst die geplante Steuergestaltung anzeigen. Im Ergebnis sind zwei Meldungen für ein und denselben Sachverhalt abzugeben. Bei rein nationalen Gestaltungen soll der Intermediär die geplanten Steuergestaltungen seiner Mandanten anonymisiert melden.
Wie das Handelsblatt berichtet, zieht sich das bundesfinanzministerium damit nach den Ärger von Wirtschaftsminister PeterAltmaier (CDU) auf sich. Altmaier hatte jüngst in einem „Steuerpolitischen Aktionsprogramm“ seines Hauses vor genau einem solchen nationalen Alleingang gewarnt. Das Wirtschaftsministerium wollte keinen Kommentar abgeben, ob es dem Gesetz zustimmen wird. Das Handelsblatt berichtet, das Ministerium habe eine angesetzte Verbändeanhörung platzen lassen und wolle lieber zwei voneinander getrennte Gesetze: eines für die Umsetzung der EU-Richtlinie und eines für die nationale Anzeigepflicht.
Noch in einem Kolloquium, zu dem das Institut Finanzen und Steuern e.V. (ifst) am 10.9.2018 zu diesemThema geladen hatte, macht der Vertreter des Bundesfinanzministeriums in einem Vortrag klar, dass man sich bei der Umsetzung möglichst nah am Richtlinientext orientieren werde. Er sprach aber auch dort bereits die Bestrebungen des deutschen Gesetzgebers an, eine Anzeigepflicht auch für rein innerstaatliche Steuergestaltungen zu implementieren. Zuletzt einigten sich die Länder in der Finanzministerkonferenz vom 21.6.2018 (nicht einstimmig, aber mehrheitlich) auf das zuletzt von Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz vorgelegte Modell. Dabei wurde schnell deutlich, dass eine Anzeigepflicht nationaler Steuergestaltungen materiell-rechtlich nicht mit der Anzeige von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen vergleichbar sein dürfte.
Deutliche Kritik der Steuerberater
Von seiten der Bundessteuerberaterkammer kommt deutliche Kritik an dem Gesetzentwurf: „Wir kritisieren, dass die geplante Anzeigepflicht auch die alltägliche und legale Steuerberatung betrifft. Weil niemand genau weiß, was gemeldet werden soll, wird es die Verwaltung mit einer Flut von Meldungen zu tun haben. Wer soll diese auswerten? Schon jetzt klagt die Verwaltung über akute Personalnot. Ohne genaue Datenanalyse bleibt diese Maßnahme aber ein zahnloses Bürokratiemonster.“ (Pressemitteilung vom 1.2.2019)
An den Gesetzgeber adressiert die Bundessteuerberaterkammer schließlich vier zentrale Forderungen:
- Erstens: Steuerpflichtige und ihre Berater dürfen nicht generell unter Missbrauchsverdacht gestellt werden. Ein eventueller Gesetzentwurf muss behutsam formuliert werden. Sonst wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.
- Zweitens: Es sollten zunächst die Erfahrungen mit der Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen gesammelt werden, bevor auch nationale Regelungen festgelegt werden.
- Drittens: Steuerpflichtige müssen einen Rechtsanspruch auf verbindliche Auskunft innerhalb einer festen Frist erhalten.
- Viertens: Legale Steuergestaltungen dürfen nicht rückwirkend sanktioniert werden.
Mich wundert es, dass Steuerberatungskanzleien nun die verkauften Modelle ans Finanzamt melden müssen. Ich denke, dass dadurch die Finanzämter, welche die Steuern prüfen, viel zu stark belastet werden. Ebenso wird die Arbeit des Steuerberaters umfangreicher was sich im Endeffekt im Preis für den Kunden niederschlägt. Ich sehe dieser Entwicklung kritisch entgegen.