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Grundwissen zur strafbefreienden Selbstanzeige

Die Selbstanzeige hat das grundsätzliche Ziel, eine Bestrafung wegen Steuerhinterziehung zu vermeiden. Die Selbstanzeige ist eine im deutschen Recht einmalige Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen trotz eines begangenen Steuerdelikts nicht bestraft zu werden. In jedem Fall sind die hinterzogenen Steuern und die Hinterziehungszinsen nach einer vom Finanzamt zu bestimmenden Frist zu entrichten. Wenn die verkürzte Steuer einen Betrag von 25.000 Euro (bis 2014:  50.000 Euro) je Tat übersteigt, ist zusätzlich ein Geldbetrag von 5 % der hinterzogenen Steuer zu zahlen.

Die Möglichkeit einer Selbstanzeige wurde vom Gesetzgeber aus fiskalischen Gründen geschaffen. Der Staat versucht, sich mit dem Angebot der Straffreiheit Steuerquellen zu erschließen, die ihm ohne diesen „Bonus“ verborgen geblieben wären.

Eine Selbstanzeige ist mit anderen Massstäben zu fertigen als eine Steuererklärung. Daher ist der Steuerberater, dem man seine laufenden Steuersachen anvertraut, nicht stets der richtige Berater für eine Selbstanzeige. Eine Steuererklärung ist zunächst einmal eine allein steuerliche Angelegenheit. Die Selbstanzeige hingegen ist ein strafrechtliches Instrumentarium. Sie dient dazu, Straffreiheit zu erlangen. Damit einher geht die Nachzahlung der verkürtzen Steuern nebst Zinsen. Das ist aber vom Selbstanzeigeerstatter nicht gewollt, sondern notwendiges Übel. Wichtig ist, dass eine Selbstanzeige ein Zusammenspiel von Steuern und Strafrecht beinhaltet. beim nur steuerlich tätigen Steuerberater besteht die Gefahr, dass er strafrechtlich zu kurz greift. Der nur strafrechtlich bewanderte Anwalt mag steuerliche Aspekte übergehen. Beides bedroht die Wirksamkeit der Selbstanzeige. Dann wird’s nicht nur teuer. Die unwirksame Selbstanzeige führt direkt in die Strafbarkeit.

Wie wird man straffrei?

Straffrei wird derjenige, der gegenüber dem Finanzamt mit seinen Steuerverfehlungen „reinen Tisch“ macht und die hinterzogenen Steuern innerhalb einer kurzen Frist nachentrichtet.

Die Voraussetzungen der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige ergeben sich aus Paragraph 371 der Abgabenordnung – AO -:

  1. Eine Berichtigungserklärung: alles ist zu offenbaren,
  2. die fristgerechte Nachzahlung und
  3. das Nichteingreifen eines Sperrgrunds.

Die Selbstanzeige hat im Grundsatz folgende Fragen zu beantworten:

  • Wer hat hinterzogen?
    Geben Sie bitte den Namen und die Anschrift der an der Hinterziehung beteiligten Personen an.
  • Wodurch wurden Steuern hinterzogen?
    Schildern Sie bitte den Sachverhalt möglichst genau.
  • Wann wurde hinterzogen?
    Geben Sie bitte den Zeitraum an.
  • Welche Zeugen oder Beweismittel können Sie angeben?
  • Welche Unterlagen können Sie zur Verfügung stellen?

Es ist zu beachten, dass der Steuerpflichtige dem zuständigen Finanzamt diejenigen Materialien vollständig liefert, die das Finanzamt zur Ermittlung bzw. Überprüfung des angezeigten Sachverhalts benötigt. Außerdem darf die Tat noch nicht entdeckt oder bekannt sein.

Straffreiheit tritt nur ein, wenn keine  sog. Sperrgründe vorliegen.

Bei einer vollständigen, rechtzeitigen Selbstanzeige und fristgerechter Nachzahlung der hinterzogenen Steuern wird der Steuerpflichtige mit der Straffreiheit belohnt (Paragraph 371 AO). Bei Taten, bei denen der Hinterziehungsbetrag 25.000 Euro (bis 2014: 50.000 Euro) und mehr beträgt, beseitigt die Selbstanzeige nicht die Strafbarkeit, sondern hemmt die Strafverfolgung (Paragraph 398a AO).

Gibt es Alternativen zur Selbstanzeige?

An der Selbstanzeige führt de facto kein Weg vorbei. Das liegt daran, dass die Schweizer Banken die bestehenden Bankbeziehungen nur fortführen, wenn die Kapitaleinkünfte den deutschen Finanzbehörden offenbart werden. Dies bereitet auf einen automatischen Informationsaustausch vor. Die Banken verlangen eine sog. Berater-Bestätigung. Darin erklärt der Steuerberater des Kunden, dass die Einkünfte aus den dort verwalteten Vermögen dem heimischen Finanzamt offenbart wurden. Mit Kunden, die eine solche Erklärung nicht beibrachten, beendeten die Banken die Geschäftsbeziehung. Der Kunde wurde dann zum „Abschleicher“.

Ein Abschleicher erhält keine Auszahlung der Depotvermögen in bar. Nach bankinternen Richtlinien. haben die Kunden die Wahl zwischen einem Barscheck oder Überweisung ihrer Gelder. Die Gelder sind also an anderer Stelle in den Kreislauf der Kreditwirtschaft einzuführen. Dies führt zu einer buchungstechnischen Erfassung, die generell nachvollziehbar ist.

Es besteht darüber hinaus das gesteigerte Entdeckungsrisiko durch das Instrument der Gruppenanfrage. Seit dem 21.12.2011 ist ein erweiterter Informationsaustausch zwischen der Schweiz und Deutschland eröffnet.

Noch in der Diskussion ist die Frage, welche Anforderungen an das im Rahmen einer zulässigen Gruppenanfrage zu umschreibende Verhaltensmuster zu stellen sind. Zu den an dieser Stelle diskutierten Beispielen zählen regelmäßig wiederkehrende Bargeldabhebungen des Bankkunden, der Kauf von oft zur Steuerhinterziehung verwendeten Anlageprodukten oder auch die Weisung des Kunden, die für ihn bestimmte Post in der Bank zu lagern.

Wo erstattet man die Selbstanzeige?

Die Selbstanzeige sollte an das sachlich und örtlich zuständige Finanzamt adressiert werden. Polizei oder Staatsanwaltschaft sind in jedem Fall falsche Adressaten. Die richtige Adressierung ist von erheblicher Bedeutung, da durch den Versand der Selbstanzeige an den falschen Empfänger die Tat als entdeckt gelten könnte und die Selbstanzeige ohne Erfolg bleibt.

Es gibt nicht stets nur einen richtigen Adressaten. Wird die Selbstanzeige für mehrere Personen abgegeben, so ist für jeden Beteiligten das zuständige Finanzamt zu bestimmen. Das gilt ebenso, wenn die Selbstanzeige mehrere Steuerarten betrifft und dafür abweichende Zustänbdigkeiten bestehen.

Das jeweils zuständige Finanzamt können Sie auf der Website des Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) recherchieren hier.

Kann man die Selbstanzeige auch für jemand anderen abgeben?

Eine Stellvertretung bei der Abgabe einer Selbstanzeige ist möglich. Sie ist dann richtigerweise Fremdanzeige bzw. Drittanzeige. Sie setzt zwingend eine entsprechende Vollmacht voraus. Wird die Selbstanzeige für mehrere Personen abgegeben, muss die Vollmacht von allen erteilt sein.

Eine solche Selbstanzeige auch für andere kommt häufig vor, wenn Auslandsvermögen nachdeklariert wird, an dem mehrere Familienmitglieder beteiligt waren oder sind, sei es durch Erbschaften und Vermögensübergänge, sei es durch gemeinsame Berechtigungen.

Wieviele Jahre hat man nachzuerklären?

Die Selbstanzeige dient dazu, straffrei zu werden. Somit ist zuallererst die strafrechtliche Verfolgungsverjährung zu beachten. Die Selbstanzeige muss zu ihrer Wirksamkeit alle unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang berichtigen, ergänzen oder nachholen.

Die strafrechtliche Verfolgungsverjährung beträgt fünf Jahre , nur im besonders schweren Fall zehn Jahre. Sie beginnt, sobald die Tat einschließlich des tatbestandsmäßigen Erfolgs beendet ist. Liegt kein Steuerbescheid vor, so ist für den Zeitpunkt des Erfolgseintritts (Vollendung) auf den Tag abzustellen, zu dem der Stpfl. bei ordnungsgemäßer Erklärung veranlagt worden wäre.

Die steuerliche Festsetzungsverjährung, also die Zeitspanne, während der das Finanzamt den Steuerfall noch aufgreifen darf, beträgt zehn Jahre. Es kommen jedoch noch Anlaufzeiten hinzu , so dass die Fristen besonders bei Schenkungen deutlich über zehn Jahre hinausgehen können. Legt der Selbstanzeigeerstatter nur die strafrechtlich relevanten fünf Jahre offen, so darf das Finanzamt dennoch zeitlich weiter zurückgehen und besteuern. Legt der Steuersünder für die älteren Jahre keine Unterlagen vor, da er diese strafrechtlich nicht beibringen muss, so ist das Finanzamt zu schätzen berechtigt. Eine Schätzung fällt regelmässig hoch aus.

Dies kann sich dennoch für solche Steuersünder lohnen, bei denen die Vorlage älterer Unterlagen ein besonders grosses Ausmass offenbaren würde. Sind dann zehn Jahre auch strafrechtlich relevant und droht damit eine Haftstrafe, so kann die hohe Schhätzung das geringere Übel darstellen. Der Steuersünder muss sich nicht selbst belasten. Der Strafrichter darf auf unsicherer Grundlage nicht verurteilen.

Um diese Divergenz zu beseitigen, hat der Gesetzgeber den steuerlichen Berichtigungszeitraum ab 2015 in allen Fällen auf zehn Jahre verlängert.

Für die Bearbeitung einer Selbstanzeige spielt das Auseinanderdriften der beiden Verjährungsfristen jedoch kaum eine Rolle. Hier besteimmen vor allem die zehnjährigen Aufbewahrungsfristen der Banken die Praxis. Was die Banken nicht mehr aufbewahren und liefern können, können weder Steuersündern noch Finanzamt rekonstruiren. Daher ist ein Nacherklären der letzten zehn Jahre die Richtschnur. Ab 2015 ist es vorgeschrieben.

Welche Form braucht die Selbstanzeige?

Eine bestimmte Form ist für die Selbstanzeige nicht vorgeschrieben. Es muss das Wort „Selbstanzeige“ nicht verwendet werden.

Das Finanzamt muss durch die Selbstanzeige letztlich so umfassend informiert werden, dass es einen neuen Steuerbescheid erlassen kann. Daher muss die Selbstanzeige alle Informationen enthalten die im Einzelfall für einen korrekten Steuerbescheid erforderlich sind. Insbesondere müssen die bisher falschen Angaben richtig gestellt und die bisher unterlassenen Angaben nachgeholt werden. Dazu müssen nicht zwingend die Vordrucke verwendet werden, jedoch kann das Finanzamt u. U. deren Nachreichung verlangen.

Soweit die genaue Steuerhöhe oder die zugrunde liegenden Angaben kurzfristig nicht zu ermitteln sind und die Selbstanzeige eilbedürftig ist, sollten diese Angaben zunächst geschätzt und später korrekt nachgereicht werden. Im Zweifel ist die Schätzung eher zu hoch anzusetzen, da die Selbstanzeige nur zu einer Straffreiheit in Höhe des Hinterziehungsbetrages führt.

Nach einer am 20.5.2010 ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, 1 StR 577/09) muss die Selbstanzeige vollständig sein. Damit soll derjenige, der aus taktischen Gründen sich nur soweit offenbart, wie eine Entdeckung seiner Tat droht (sog. Teil-Selbstanzeige), keine Straffreiheit erlangen. Diese Änderung der Rechtsprechung stieß in der Literatur auf Kritik. Der Gesetzgeber hat das Erfordernis der Vollständigkeit mit Wirkung ab dem 3.5.2011 durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz, BGBl. I 2011 S. 676) umsetzt: Danach ist die steuerartbezogene Vollständigkeit erforderlich. Eine Selbstanzeige muss den Berichtigungsbedarf aller strafrechtlich unverjährten Zeiträume einer jeweiligen Steuerart beinhalten.

Ist die Selbstanzeige vertraulich?

Eine Selbstanzeige und der damit unterbreitete Sachverhalt sind vertraulich zu behandeln. Das muss ein Betroffener nicht erst ausdrücklich beim Finanzamt geltend machen.

Sowohl der Name eines Anzeigeerstatters und anderer Personen, für die die Anzeige abgebeen wird, als auch der unterbreitete Steuerfall sind durch das Steuergeheimnis geschützt.

Eine auf Grund der Anzeige strafrechtlich verfolgte Person hat jedoch unter Umständen Anspruch auf die Bekanntgabe des Namens des Anzeigeerstatters, wenn sich die Anzeige später als gänzlich unzutreffend herausstellen sollte.

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