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Rechtsschutz im Ermittlungsverfahren

Die Wahl des richtigen Rechtsmittels hängt von der Vorklärung der Frage ab, in welchem Verfahren (Steuerverfahren oder Steuerstrafverfahren) die Finanzbehörden tätig werden bzw.  welche  Stelle  überhaupt eine hoheitliche Eingriffsmaßnahme angeordnet hat. Je nachdem sind  die Rechtsmittel der Abgabenordnung (AO) oder der Strafprozessordnung (StPO) anzuwenden.

Rechtsmittel im Steuerverfahren

Führt die Steuerfahndung Ermittlungen gem. § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO zur Aufdeckung unbekannter Steuerfälle durch, handelt es sich hierbei um eine rein steuerliche Angelegenheit, so dass rechtswidrige Maßnahmen der Finanzbehörde mit dem Einspruch (§ 347 ff. AO) angegriffen wer- den können. Einspruchsbefugt ist, wer durch die hoheitliche Maßnahme beschwert ist. Innerdienstlich entscheidet über den Einspruch in der Regel nicht die Rechtsbehelfsstelle, sofern nicht der Steuerbescheid angegriffen werden soll, sondern die Steuerfahndung selbst. Gegen die Entscheidung der  Finanzbehörde  ist  der  Finanzrechtsweg  (§ 33 Abs. 1 Nr. FGO) eröffnet. Sofern kein angreifbarer Steuerverwaltungsakt vorliegt, ist an die Gegenvorstellung oder die Dienstaufsichtsbeschwerde zu denken

Ein Rechtsmittel gegen die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens ist jedenfalls nicht gegeben. Ist unklar, in welchem Verfahren die Steuerfahndung tätig wird, ist diese  zu einer Erklärung  aufzufordern.  Im Zweifel wird die Steuerfahndung auf dem Gebiet des Strafrechts tätig werden.

Rechtsschutz im Steuerstrafverfahren

Die Rechtsschutzmöglichkeiten im eingriffsintensiven strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sind wegen ihrer Uneinheitlichkeit und Lücken- haftigkeit relativ beschränkt. Hier haben in jüngster Zeit zwei Entschei- dungen des Bundesverfassungsgerichts einige Klarheit gebracht. In Ab- kehr von der bis dorthin gängigen Praxis hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 30.4.1997 (NJW 1997, S. 2163 = StV 1997, S. 393 = wistra 1997, S. 219) entschieden, dass eine Beschwer- de gegen eine richterliche Durchsuchungsanordnung nicht alleine we- gen zeitlicher Erledigung der Maßnahme als unzulässig verworfen wer- den darf. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gebiete es, in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe ein Rechtsschutzinteresse an der Überprüfung solcher Maßnahmen auch dann anzunehmen, wenn die Maßnahme als solche bereits beendet ist. Dies ist vor allem für Wohnungsdurchsuchungen und vorläufige Festnahmen von Bedeutung.

Ähnlich bedeutsam ist die Entscheidung vom 27.5.1997 ( NJW 1997, S. 2165). Danach verliert ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss spätestens sechs Monate nach Erlass seine Wirksamkeit, da von einem unverändertem Sachver- halt spätestens nach Ablauf eines solchen Zeitraums nicht mehr ausgegangen werden kann.

Das BVerfG hat den Ermittlungsrichter ganz besonders zur Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aufgefordert. Weiterhin sind Beschwerdeschriften des Beschuldigten grundsätzlich  auslegungsfähig.  Der Beschuldigte muss nicht darauf verwiesen werden, alle möglichen Rechtsmittel auszuschöpfen, da nach geltendem Recht die Rechtsmittel gegen    Durchsuchungsanordnungen    und   Durchsuchungsmaßnahmen „in schwer zu durchschauender Weise mehrfach gespalten“ seien und „von den Fachgerichten uneinheitlich gehandhabt“ werden. Das BVerfG führt hier weiter aus: „Die Fachgerichte trifft daher eine besondere Verpflichtung, auslegungs- fähige Anträge nicht daran scheitern zu lassen, dass die Rechtslage un- übersichtlich ist. Eine solche Verpflichtung zu einer möglichst wirksamen gerichtlichen Kontrolle strafprozessualer Eingriffe ergibt sich aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz.“

Rechtsmittel gegen richterliche Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen

Trifft der Richter im Beschlusswege eine Durchsuchungs- bzw. Be- schlagnahmeanordnung, ist dagegen die Beschwerde gem. § 304 StPO gegeben. Mit der Beschwerde kann zulässigerweise die Aufhebung des Durchsuchungs- bzw. Beschlagnahmebeschlusses beantragt werden, solange die Durchsuchung bzw. Beschlagnahme noch andauert. Zur Durchsuchung gehört noch die Durchsicht der Papiere (§ 110 StPO), so dass so lange noch Beschwerde eingelegt werden kann, wie die Durch- sicht noch nicht beendet ist ( BGH, StV 1988, S. 90).

Die Beschwerde gegen die Beschlagnahmeanordnung ist solange zulässig, bis die Beschlagnahmeanordnung erledigt ist. Beschwerdeberechtigt ist jeder, der durch die entsprechenden Maßnahmen in seinen Rechten wie Freiheit und Vermögen verletzt ist.

Daneben kann nach § 207 Abs. 2 StPO die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses beantragt werden; ggf. kann man auch vereinbaren, dass die betreffenden Unterlagen vorsorglich in Gewahrsam genommen und versiegelt werden.

  • Gegen Beschlagnahmeanordnungen der Staatsanwaltschaft, Bußgeld- und Strafsachenstelle, Polizei oder Steuerfahndung ist der Antrag auf richterliche Entscheidung (§ 98 Abs. 2 S. 2 StPO) zulässig, unabhängig davon, ob die Maßnahme noch andauert oder bereits abgeschlos- sen ist. Gegen die Entscheidung des dann angerufenen Gerichts ist wiederum die Beschwerde (§ 304 StPO) gegeben.
  • Gegen Durchsuchungsanordnungen der Staatsanwaltschaft, Bußgeld- und Strafsachenstelle, Polizei oder Steuerfahndung ist der Antrag auf richterliche Entscheidung (§ 98 Abs. 2 S. 2 StPO analog) mit nachfol- gender Beschwerdemöglichkeit gegeben ( BVerfG, NJW 1997, S. 2165 ) Mit der Beschwerdeent- scheidung des Landgerichts ist der Rechtsweg erschöpft; ggf. kann hiergegen Verfassungsbeschwerde erhoben werden. Zur Begründung der Verfassungsbeschwerde ist eine unmittelbare, eigene und ge- genwärtige Beschwer darzutun ( zu den Voraussetzungen der Verfassungsbeschwerde im einzelnen §§ 90 ff. BVerfGG). Daneben bleibt der Weg der Ver- fassungsbeschwerde an die Landesverfassungsgerichte eröffnet.

Die Rechtmäßigkeit der Art und Weise einer abgeschlossenen Durchsuchung kann mit dem Antrag auf gerichtliche Überprüfung  durch das OLG (§§ 23 ff. EGGVG) überprüft werden; vor Abschluss der Durchsuchung bzw. Beschlagnahme ist der Ermittlungsrichter  analog § 98  Abs. 2 S. 2 StPO zur Überprüfung zuständig ( BVerfG, NJW 1997, S. 2165; BGHSt 28, S. 206).

Die Finanzbehörden werden insoweit als Justizbehörden im funktionellen Sinn tätig.

Angriffe gegen die Art und Weise der Durchsuchung sind beispielsweise:

  • Unzulässige Gewaltanwendung bei der Durchsuchung
  • Fehlende Durchsuchungszeugen
  • Nichtaushändigung eines Durchsuchungsprotokolls

Rechtsschutz in Haftsachen

Dem Beschuldigten stehen in Haftsachen vornehmlich zur Überprüfung des Haftbefehls der Antrag auf mündliche Haftprüfung (§ 117 Abs. 1 StPO) sowie die Haftbeschwerde zur Verfügung (304 StPO).

Außerhalb dieser formellen Verfahren ist es jederzeit möglich, die Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls zu beantragen (§§ 116, 117 StPO). Dies ist dann sinnvoll, wenn es zum einen nicht auf den persönlichen Eindruck des Beschuldigten ankommt oder aber wenn gem. § 118 Abs. 3 StPO eine mündliche Haftprüfung nicht möglich ist.

Antrag auf mündliche Haftprüfung

Dieser Antrag ist formfrei und an keine Frist gebunden. Antragsberech- tigt sind der Verhaftete  und sein Verteidiger; der Antrag ist bei dem  gem. § 126 StPO zuständigen Gericht einzureichen, dies ist in der Regel der Richter, der den Haftbefehl erlassen hat. Dies kann aber auch der  sog. nächste Richter nach § 115a Abs. 1 StPO sein.

Die mündliche Verhandlung ist spätestens zwei Wochen nach Eingang des Antrages anzuberaumen (§ 118 Abs. 5 StPO). In der mündlichen Verhandlung wird durch begründeten Beschluss des Richter entschieden. Gem. § 118 Abs. 3 StPO besteht ein Anspruch auf eine weitere mündliche Haftprüfung nur, wenn die U-Haft bereits drei Monate bestanden hat und seit dem letzten mündlichen Haftprüfungstermin zwei Monate vergangen sind.

Neben dem Antrag auf mündliche Haftprüfung ist die Haftbeschwerde unzulässig (§ 117 Abs. 2 S. 1 StPO).

Haftbeschwerde

Mit der Haftbeschwerde gem. § 304 StPO kann sowohl der Haftbefehl selbst, als auch die Entscheidung, die im mündlichen Haftprüfungsver- fahren ergeht, angefochten werden. Die Haftbeschwerde bietet sich ins- besondere zur Überprüfung von Rechtsfragen an; ihr kommt kein Sus- pensiveffekt zu (§ 307 Abs. 1 StPO).

Mit der weiteren Beschwerde (§ 310 Abs. 1 StPO) kann die Entschei- dung des Landgerichts angefochten werden. Zuständig ist in diesem Fall das Oberlandesgericht.

Daneben hat von Amts wegen die Überprüfung der Haftfortdauer zu erfolgen; nach drei Monaten, wenn der Beschuldigte bislang keine Be- schwerde eingelegt hat und nicht verteidigt ist, sowie regelmäßig nach sechs Monaten. Das Oberlandesgericht führt dabei ein besonderes Haftprüfungsverfahren gem. § 121 StPO durch.

Je länger die U-Haft dauert, desto mehr muss der Grundsatz der Ver- hältnismäßigkeit in die Überprüfung mit einbezogen werden, auch der Begründungszwang steigt regelmäßig an.

Rechtsschutz gegen die Versagung der Akteneinsicht

Im Strafverfahren steht lediglich dem Verteidiger, nicht dem Beschuldigten das Recht auf Akteneinsicht zu (§ 147 StPO). Obwohl es sich hierbei um eins der wesentlichen Verteidigungsrechte handelt, ist der Rechtschutz gegen die Versagung der Akteneinsicht nur rudimentär ausgebildet. Die Staatsanwaltschaft kann die Akteneinsicht bis zum Abschluss der Ermittlungen versagen (§ 147 Abs. 2 StPO), sofern der Untersu- chungszweck durch die Herausgabe der Akteneinsicht gefährdet werden kann. Gegen diese Versagung der Akteneinsicht ist kein Rechtsmittel gegeben. Lediglich die Dienstaufsichtsbeschwerde oder die Gegenvorstellung führen zur nochmaligen Überprüfung der Entscheidung. Der Rechtsweg über § 23 EGGVG (Überprüfung von Justizverwaltungsak- ten) soll nach h. M. nicht gegeben sein.

Der Rechtsweg nach § 23 EGGVG soll nur zur Erzwingung der Einsichtnahme in Spurenakten, die den Ermittlungsakten nicht beigefügt waren, gegeben sein. Hierzu zählen auch die Unterlagen der Steuerfahndung.

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