Zum Inhalt springen

Was wissen deutsche Finanzämter über Offshore-Firmen?

Die nun geleakten Panama Papers werden in den deutschen Medien aktuell stark diskutiert im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Steuerhinterziehung. Es ist kein Geheimnis, dass Offshore-Firmen auch zur Steuerhinterziehung genutzt werden. In der Praxis dürfte gar die Geldwäsche im Vordergrund stehen. Zunächst ist zu beachten, dass die reine Existenz einer Offshore-Firma nicht sogleich den Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung begründet. Allerdings kann sich der Anfangsverdacht daraus ergeben, dass ein deutscher Steuerpflichtiger seine Beteiligung an der Offshore-Gesellschaft pfichtwidrig nicht angegeben hat. Seit 2002 sind Auslandsbeteiligungen nach § 138 Abs. 2 Abgabenordnung – AO – dem Finanzamt anzuzeigen.

Auch wenn das Finanzamt nicht sogleich strafrechtliche Ermittlungen einleitet, sondern es bei einem reinen Auskunftsersuchen belassen wird, so sind die erhöhten Mitwirkungspflichten des deutschen Steuerpflichtigen bezüglich der Auslandsbeteiligung nach § 90 Abs. 2 Satz 2 AO zu beachten: Der deutsche Steuerpflichtige muss sämtliche Informationen zu der Auslandsbeteiligung beschaffen, sich gegebenenfalls auch entlasten. Kann er das nicht, geht das zu seinen Ungunsten. Das betrifft jedoch allein solche Staaten, die keine effektive Amtshilfe leisten.

Allerdings haben seit 2008 auf die politische Initiative der G20-Staaten, allen voran die USA sowie Deutschland und Frankreich, etliche sog. Steuerparadiese Abkommen auch mit Deutschland über den Informationsaustausch geschlossen, die mittlerweile in Kraft sind.

Bestehende Abkommen auf dem Gebiet der Rechts- und Amtshilfe und des Informationsaustauschs (Tax Information Exchange Agreement – TIEA), jeweils mit dem Datum des Inkrafttretens

Andorra vom 25.11.2010

01.01.2013

Anquilla vom 19.03.2010

01.01.2012

Antigua und Barbuda 19.10.2010

01.01.2013

Bahamas 09.04.2010

01.01.2012

Bermuda vom 03.07.2009

01.01.2013

Britische Jungferninseln vom 05.10.2010

01.01.2012

Cookinseln vom 03.04.2012

01.01.2014

Dänemark vom 22.11.1995

01.01.1997

Finnland vom 25.09.1935

01.01.1936

Gibraltar vom 13.08.2009

01.01.2011

Grenada vom 03.02.2011

01.01.2014

Guernsey vom 26.03.2009

01.01.2011

Insel Man vom 02.03.2009

01.01.2011

Italien vom 09.06.1938

23.01.1939

Jersey vom 04.07.2008

01.01.2010

Kaimaninseln vom 27.05.2010

01.01.2012

Liechtenstein vom 02.09.2009

01.01.2010

Monaco vom 27.07.2010

01.01.2012

Montserrat vom 28.10.2011

01.01.2015

Niederlande vom 21.05.1999

23.06.2001

Österreich vom 04.10.1954

26.11.1955

San Marino vom 21.06.2010

01.01.2012

Schweden vom 14.07.1992

01.01.1995

St. Lucia vom 07.06.2010

01.01.2014

St. Vincent und Grenadinen vom 29.03.2010

01.01.2012

Turks und Caicos Inseln vom 04.06.2010

01.01.2012

Vereinigte Staaten vom 31.05.2013

11.12.2013

Weitere Abkommen, die bereits paraphiert oder unterzeichnet, jedoch noch nicht in Kraft sind:

  • Aruba vom 14.09.2009
  • Bahrain vom 08.07.2010
  • Barbados vom 30.11.2011
  • Dominica vom 21.09.2010
  • St. Kitts und Nevis vom 19.10.2010
  • Panama vom 19.10.2010

Mit der Schweiz der erweiterte Informationsaustausch in einer Revision des bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens vereinbart. Darüber hinaus wird die Schweiz ab 2017 am automatischen Informationsaustausch für Finanzkonten mit der EU teilnehmen.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit Schreiben vom 10.11.2015 (IV B 6 – S 1301/11/10002) ein Anwendungsschreiben zu den Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch (Tax Information Exchange Agreement – TIEA) veröffentlicht. Es gilt in Ergänzung zu den BMF-Schreiben vom 25.5.2012 (IV B 6 – S 1320/07/10004,BStBl I 12, 599) und vom 16.11.2006 (IV B 1 – S 1320 – 66/06, BStBl I 06, 698). Das Anwendungsschreiben ist weitgehend allgemeingültig hinsichtlich der TIEAs, die sich ähneln, aber im Detail Unterschiede aufweisen. Maßstab für jedes TIEA war jeweils das OECD-Musterabkommen für Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten.

Ermittlungen im Ausland: Die von Deutschland geschlossenen TIEAs bieten die Möglichkeit, behördliche Unterstützung durch Informationsaustausch auf Ersuchen im Einzelfall für Zwecke des Besteuerungsverfahrens oder des Steuerstraf- und Bußgeldverfahrens in Anspruch zu nehmen. Ein spontaner oder automatischer Informationsaustausch ist in diesen Abkommen nicht vorgesehen. Der Inhalt und Aufbau der Abkommen entsprechen weitgehend dem OECD-Musterabkommen für Informationsaustausch in Steuersachen aus dem Jahr 2002.

Die Rechtshilfe ist bei den TIEA aber begrenzt auf die Übermittlung von Informationen, die der Förderung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens dienen (sog. „Informationsrechtshilfe“). Neben dem jeweiligen TIEA bleiben andere bestehende Abkommen oder die sog. vertragslose Rechtshilfe anwendbar. Dies ist auch wichtig für zu ermittelnde Umstände in der Vergangenheit, wenn das jeweilige TIEA erst später in Kraft getreten ist.